Technizität von Computer­programmen

Definitionsversuche (in Arbeit)

People who copy you will always be one step behind.

Wayne Gerard Trotman
Gerade im Patentwesen, in dem die zentralen Begriffe der Erfindung und Technik gesetzlich nicht definiert sind, kommt der Rechtsprechung und der Amtspraxis große Bedeutung zu. In diesem Artikel wird ein Blick auf die bisher vorgenommenen Definitionsversuche geworfen.

Quelle: http://pamt.at/tech ASCII/HTML/PDF

Einleitung

Eine der wesentlichen Aufgaben im Patentwesen ist der Schutz der Allgemeinheit vor Trivialpatenten und nicht rechtsbeständigen Schutzrechten mit zu breitem und ungenauem Schutzbereich. Aber auch die Vermeidung von Blockadeeffekten ist von größter BedeutungHerbert Zech, „Technizität im Patentrecht – Eine intra- und interdisziplinäre Analyse des Technikbegriffs“, Universität Basel – Juristische Fakultät; erscheint in: Axel Metzger (Hg.), Festschrift für Theo Bodewig, 6. November 2017, 36 Seiten, http://pamt.at/yu.

:

Das Technizitätserfordernis schränkt den Kreis der dem Patentschutz zugänglichen geistigen Schöpfungen ein. Seine Funktion besteht vor allem darin, Blockadeeffekte zu vermeiden, indem Neuerungen in einem zu frühen Stadium und Neuerungen in Wirtschaftsbereichen, in denen Wettbewerbsfreiheit effizienter ist, gemeinfrei bleiben.

Man spricht bei diesem zentralen Begriff der Technizität auch vom technischen Charakters. Er ist vom Begriff der Technik abgeleitet. Bereits in § 1 Absatz 1 Ziffer 1 Patentgesetz kommt der Begriff der Technik zwei Mal vor§ 1 Absatz 1 Ziffer 1 Patentgesetz: “Für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik werden, sofern sie neu sind (§ 3), sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, auf Antrag Patente erteilt.”

: Ein Mal als Abgrenzungskriterium und ein Mal im Hinblick auf die Erfindungseigenschaft. Insgesamt kommen im Patentgesetz der Begriff “Technik” und von ihm abgeleitete Bezeichnungen, etwa “Stand der Technik” oder “fachtechnisches Mitglied”, über 70 Mal vor. Dieser im Patentgesetz zentrale Begriff wird im Gesetzestext jedoch nicht definiert. Um so wichtiger ist hier die Judikatur.

Übersicht

Die österreichische Rechtsprechung kennt zahlreiche Technizitätskriterien:

  1. “any hardware”-Ansatz
  2. Bereichskriterium
  3. Naturkräfteerfordernis
  4. Tautologische Definition
  5. Zusatzeffektkriterium
  6. Zweckkriterium

Das “Naturkräfteerfordernis”, die “Tautologische Definition” und das “Zweckkriterium” gelten allgemein, der “any hardware”-Ansatz, das “Bereichskriterium” und das “Zusatzeffektkriterium” beziehen sich auf Computer und/oder Computerprogramme.Betonungen in Zitaten hinzugefügt

“any hardware”-Ansatz

4Ob119/20h4Ob119/20h, „Verfahren und Kontrollsystem zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen“ (OGH, 31. August 2020), http://pamt.at/695z.

, “Rechtliche Beurteilung”, Punkt 4.1:

[] Technizität eines aus mehreren Merkmalen zusammengesetzten Anspruchsgegenstands kann bereits dann vorliegen, wenn ein einziges Merkmal – auch wenn es aus dem Stand der Technik bereits bekannt sein sollte – technisch ist (EPA G 3/08, Rn 10.6, unter Hinweis auf T 258/03 HITACHI und T 424/03 MICROSOFT; sogenannter „any hardware“- oder „any technical means“-Ansatz). []

Insbesondere genügt der Einsatz eines Computers, um Technizität sicherzustellen. Siehe Gebrauchsmuster und “any hardware”Atilla Pramhas, „Gebrauchsmuster und ‚any hardware‘ – Ein Widerspruch“, 2022, http://pamt.at/anyhw.

für eine Abhandlung über die Probleme bei Anwendung dieses Ansatzes bei Gebrauchsmustern.

Bereichs­kriterium

Das Bereichskriterium kommt im Rechtssatz RS130900 zum Ausdruck4Ob94/16a, „Verfahren zum Lesen und Schreiben von Daten“ (OGH, 25. August 2016), http://pamt.at/1wh3.

:

Die Abgrenzungslinie zwischen nicht‑schützbaren und schützbaren Computerprogrammen wird anhand ihrer Technizität gezogen, indem ein technischer Beitrag auf einem nicht vom Patentschutz ausgeschlossenen Bereich gefordert wird.

Zu beachten ist, dass der vom Patentschutz ausgeschlossene Bereich nicht abschließend durch die Ausschlussliste des Paatentgesetzes definiert wird. Gemäß dem klaren Wortlaut des § 1 Absatz 3 Patentgesetz, nämlich “Als Erfindungen werden insbesondere nicht angesehen []”, ist diese Liste unvollständig. Nur diese Liste zur Bestimmung des vom Patentschutz ausgeschlossenen Bereichs zu verwenden würde eine die klare Absicht des Gesetzgebers widersprechende Verkleinerung des besagten Bereichs zur Folge haben.

Weiter ist zu beachten, dass ein technischer Beitrag auf einem nicht vom Patentschutz ausgeschlossenen Bereich nicht durch offensichtlich (notorisch) Bekanntes geleistet werden kann. Obwohl es hier um ein Gebrauchsmuster geht, gelten die folgenden Aussagen auch für Patente (OBGM1/13OBGM1/13, „Verfahren zum Lösen gewöhnlicher Differentialgleichungen“ (OPMS, 11. Dezember 2013), http://pamt.at/9u.

, “Rechtliche Beurteilung”, Punkt 5.6);

Die von der Antragstellerin für das Gesetzmäßigkeitsprüfungsverfahren nach § 18 GMG gewünschte rein formale Betrachtung würde den vom Gesetzgeber in § 1 Abs 3 GMG geregelten Ausschluss bestimmter Tatbestände vom Gebrauchsmusterschutz konterkarieren. Formal könnte dann nämlich jedes Element der Ausschlussliste, also zB jede Entdeckung, jede mathematische Methode, jede ästhetische Formschöpfung, jedes Computerprogramm und jede Wiedergabe von Information mit technischen Merkmalen paraphrasiert und dadurch Gebrauchsmustertauglich gemacht werden. Wollte man beispielsweise die ästhetische Formschöpfung einer Glasflasche (zB die bekannte Flasche von Coca Cola) mittels Gebrauchsmuster beanspruchen, so würde die Formulierung “industriell gefertigte Glasflasche, dadurch gekennzeichnet dass sie mittels eines technischen Verfahrens erzeugt wird und folgendes Aussehen hat…” formal einen Anspruch generieren, der technische und nichttechnische Merkmale enthält, wobei die technischen Merkmale offensichtlich bekannt sind.

Siehe auch StadlerMichael Stadler, „Technizität von Patenten und Gebrauchsmustern“, ÖBl 2014 (1. Juli 2014): 156–65.

(Seite 162, vorletzter Absatz bis Seite 163, dritter Absatz) und 4Ob155/03b4Ob155/03b, „Gleitschichtkühler zum Kühlen elektronischer Bauteile“ (OGH, 19. August 2003), http://pamt.at/9g.

.

Beispiel Differential­gleichungen (1)

OBGM1/13OBGM1/13, „Verfahren zum Lösen gewöhnlicher Differentialgleichungen“.

, Anspruch 1:

Verfahren zum Lösen gewöhnlicher Differentialgleichungen auf einem abgeschlossenen Intervall der reellen Zahlen, wobei a) das abgeschlossene Intervall in eine Vielzahl gleich großer diskretisierter Diskretisierungsintervalle geteilt wird [] b) für jedes dieser Diskretisierungsintervalle ein Funktionenraum vorgegeben wird [] g) die Lösungsfunktion durch Zusammenfügen der auf den Diskretisierungsintervallen definierten interpolierenden Funktionen zusammengesetzt wird, wobei zur Abwicklung obiger Schritte zumindest ein an sich bekannter Computer verwendet wird.

Aus der Entscheidung des Obersten Patent- und Marjensenats:

Schon der Titel der Anmeldung verschweigt nicht, dass die geistige Leistung ein Verfahren zum Lösen von gewöhnlichen Differentialgleichungen zum Ziel hat. Die Lösung dieser Aufgabe besteht in einem zur numerischen Mathematik gehörenden Verfahren. [] Die Verwendung des Computers und die mathematische Analyse seiner Eigenschaften – zB in Form der “Turing Maschine” – gehört zum alltäglichen Handeln des reinen Mathematikers. Auch der Ersatz des menschlichen Gehirns durch den Computer zum Lösen mathematischer Aufgabenstellungen gehört zum rein mathematischen Handeln. Das zugehörige Programm kann also infolge seines Inhaltes, der auf das Lösen von gewöhnlichen Differentialgleichungen ohne spezifische Lösung eines technischen Problems zielt, den Bereich des “Programms als solchen” nicht verlassen.

Natur­kräfte­erfordernis

Das Naturkräfteerfordernis hat ihren Ursprung in der “Rote Taube” EntscheidungBGH, „Rote Taube“, GRUR 1969 (27. März 1969): 672 ff.

des BGH:

Amtlicher Leitsatz: a) Dem Patentschutz zugänglich ist eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges []"

In dieser Entscheidung ging es um die wesentliche Anforderung der Wiederholbarkeit einer Erfindung. Der Begriff der Technik impliziert Eigenschaften wie Planmäßigkeit und WiederholbarkeitWikipedia, „Technik“, o. J., http://pamt.at/xs, Punkt 4 der ersten Aufzählung.

, die somit ebenfalls Voraussetzungen für die Patentierbarkeit darstellen.

Das Naturkräfteerfordernis wird gelegentlich als ein altes und überholtes Erfordernis betrachtet. Es ist jedoch immer noch nützlichZech, „Technizität im Patentrecht – Eine intra- und interdisziplinäre Analyse des Technikbegriffs“.

:

[] Bei der Auslegung des Technizitätserfordernisses bzw. des patentrechtlichen Technikbegriffs ist auf diese Funktion [Vermeidung von Blockadeeffekten] abzustellen. Die Rote Taube-Formel, an der sich der BGH nach wie vor orientiert, [] erweist sich dabei weiterhin als zweckmäßig []

Beispiel Rote Taube

X-RB-15-67BGH, „Rote Taube“.

, Anspruch 1:

Verfahren zum Züchten einer Taube mit rotem Gefieder, die gegenüber anderen Tauben gleicher Farbe wesentlich größer ist, eine wesentlich größere Spannweite der Flügel aufweist, deren Gefiederfarbe wesentlich verschönt und verintensiviert ist und deren Ballon im Verhältnis zur Körpergröße extrem groß ist, bei dem ein “Altdeutscher Kröpfer” in erster Stufe mit einer “Roten Römertaube” gekreuzt wird, die aus dieser Kreuzung hervorgegangenen Tauben auf Größe und Farbe selektioniert werden, ein ausgewähltes Produkt dieser Kreuzung in zweiter Stufe mit einem “Roten Hessenkröpfer” gekreuzt wird und die aus dieser Kreuzung nach abermaliger Auslese hervorgegangene Taube in dritter Stufe mit einem “Altdeutschen Kröpfer” rückgekreuzt wird.

Aus der Entscheidung des BGH:

Eine Erfindung offenbart als Lehre zum technischen Handeln nur dann eine fertige Lösung, wenn der Fachmann ([]) in beliebiger Wiederholung nach dieser Lehre mit gleichbleibendem Erfolg arbeiten kann ([]). Im Allgemeinen erscheint diese Voraussetzung für die Patentfähigkeit einer Erfindung selbstverständlich; denn eine technische Lehre ist für den Fachmann nur dann “ausführbar”, wenn die Ausführung auch jederzeit wiederholt werden kann. Eben darin, dass der Erfinder der allgemeinen Fachwelt in der Patentschrift offenbart, auf welchem Wege und mit welchen Mitteln er zu dem angestrebten Ergebnis gelangt, liegt die patentwürdige Bereicherung der Technik. Weiter stellte der BGH fest, dass nach der Offenbarung in der Patentbeschreibung und der Kennzeichnung des Züchtungsverfahrens im Patentanspruch eine genetisch identische Wiederholung der Züchtung nicht gesichert erscheint und es keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit die gleichen genetischen Züchtungsergebnisse erzielt werden können. Die Ausgangsindividuen seien ganz allgemein nach ihrer Art ohne Angabe ihrer einzelnen stammesmäßigen Herkunft gekennzeichnet, so dass der Fachmann darauf angewiesen wäre, bei dem Versuch einer Wiederholung dieser Züchtung solche Individuen zu verwenden, die nach ihrem Aussehen, also phänotypisch, der angegebenen Art entsprechen. Die Selektionsmaßnahmen in zwei Stufen seien auf zwei Merkmale gerichtet, die jedoch nur in allgemeiner Richtung (Größe und Farbe) bestimmt seien. Die Durchführung dieser Auswahlmaßnahmen lasse deshalb und auch allgemein wegen der dabei nicht näher bestimmbaren Methoden einen weiten Spielraum offen, abgesehen davon, dass sie ebenfalls nur phänotypisch ausgerichtet seien und deshalb ohnehin keine Maßnahmen darstellen würden, die einen hinreichend bestimmbaren Erfolg versprechen könnten. [] Im vorliegenden Falle lässt sich jedenfalls aus den genannten Umständen ein Schluss auf die Wiederholbarkeit des Züchtungsverfahrens nicht mit der notwendigen Sicherheit ziehen, zumal es sich hier um die Züchtung einer höheren Tierart mit komplexen Erbverhältnissen handelt.

Tautologische Definition

Diese Definition ist in Op2/11Op2/11, „Verfahren und Vorrichtung zum Be- bzw. Entladen einer Werkzeugmaschine mit Werkzeugen“ (OPMS, 27. April 2011), http://pamt.at/sf.

, “Rechtliche Beurteilung”, Punkt 2.3.a zu finden:

Unter einer technischen Erfindung ist eine Lehre zum technischen Handeln zu verstehen, dh eine Anweisung, mit technischen Mitteln ein beabsichtigtes Ergebnis zur Lösung eines technischen Problems zu erzielen.

Der Rechtssatz RS1308994Ob94/16a, „Verfahren zum Lesen und Schreiben von Daten“.

erwähnt sie ebenfalls:

Die Patentierbarkeit setzt die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln voraus.

Hier ist zu beachten, dass die oben angegebene Eigenschaft notwendig, aber nicht hinreichend für das Vorhandensein von Technizität ist. Um nachzuweisen, dass es einem Gegenstand an Technizität mangelt genügt es demnach zu zeigen, dass kein technisches Problem vorliegt oder dass keine technischen Mittel eingesetzt werden.

Beispiel Differential­gleichungen (2)

OBGM1/13OBGM1/13, „Verfahren zum Lösen gewöhnlicher Differentialgleichungen“.

, Anspruch 1:

Verfahren zum Lösen gewöhnlicher Differentialgleichungen auf einem abgeschlossenen Intervall der reellen Zahlen, wobei (a) das abgeschlossene Intervall in eine Vielzahl gleich großer diskretisierter Diskretisierungsintervalle geteilt wird [] (b) für jedes dieser Diskretisierungsintervalle ein Funktionenraum vorgegeben wird [] (g) die Lösungsfunktion durch Zusammenfügen der auf den Diskretisierungsintervallen definierten interpolierenden Funktionen zusammengesetzt wird, wobei zur Abwicklung obiger Schritte zumindest ein an sich bekannter Computer verwendet wird.

Aus der Entscheidung des OPMS:

Es besteht nicht einmal die Vermutung der Lösung eines technischen Problems. Das räumt die Anmelderin letztlich selbst ein, schreibt sie doch in der ursprünglichen Anmeldung “die Implementierung derartiger Mittel zur Lösung der mathematischen Aufgabe ist für den Fachmann im Rahmen seines Fachwissens möglich”. Eine konkrete Lehre zur technischen Problemlösung erscheint der Anmelderin nicht notwendig und wird von ihr auch nicht dargelegt."

Zusatz­effekt­kriterium

Rechtssatz RS130900, 4Ob94/16a4Ob94/16a, „Verfahren zum Lesen und Schreiben von Daten“.

:

Zur Bejahung der Technizität reicht es allein nicht aus, dass ein Verfahren bestimmungsgemäß den Einsatz eines Computers erfordert, sind doch Programme für Datenverarbeitungsanlagen per se von der Patentierbarkeit ausgeschlossen (§ 1 Abs 3 Z 5 PatG) - das Programm muss daher einen “weiteren technischen Effekt” aufweisen.

Rechtssatz RS130901, 4Ob94/16a4Ob94/16a.

:

Maßgebend ist nach dieser Definition, ob die Lehre bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Lösung eines über die Datenverarbeitung hinausgehenden konkreten technischen Problems dient.

Zweck­kriterium

Rechtssatz RS130899, 4Ob94/16a4Ob94/16a.

:

Eine Maßnahme ist technisch, wenn sie einem technischen Zweck dient.

WeiserAndreas Weiser, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz – Kurzkommentar, 3. Aufl. (MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien, 2016).

führt dazu genauer aus (Seite 20, “3. Zweckkriterium”)Betonungen übernommen

:

Ob der Zweck seinerseits technisch ist, lässt sich beispielsweise daraus ermitteln, ob das betrachtete Element zur menschlichen oder maschinellen Auffassung bestimmt (Zweck) ist oder nicht: Zur menschlichen Auffassung bestimmte (Daten-)Elemente sind nicht technisch.

Beispiel Ski

17Ob4/11d17Ob4/11d, „Ski“ (OGH, 12. April 2011), http://pamt.at/57.

, Abschnitt Kopf, Einleitung der Begründung und letzter Absatz vor “Rechtliche Beurteilung”, beziehen sich auf 5R148/10m5R148/10m, „Ski“ (OLG Wien, 3. Dezember 2010), http://pamt.at/cb.

:

Gemäß Anspruch 1 dieses Patents weist der patentgeschützte Erfindungsgegenstand folgende Merkmale auf: a) Schi mit Schischaufel, wobei der Schi schichtförmig aufgebaut und b) die Schischaufel zumindest eine Materialaussparung aufweist und c) der Schi zumindest einen Gurt aus hochfestem lichtundurchlässigem Material, insbesondere aus Metall wie Aluminium und d) zumindest einen Gurt aus festem lichtdurchlässigem Material aufweist, dadurch gekennzeichnet, e) dass die Materialaussparung der Schischaufel durch Ausschnitte des/der Gurte aus hochfestem lichtundurchlässigem Material gebildet ist und f) dass der wenigstens eine Gurt aus festem lichtdurchlässigem Material die Materialaussparung überdeckt.

Zur Entscheidung des OGH:

Der Gegenstand des obigen Anspruchs 1 ist zwar technisch, er unterscheidet sich jedoch vom Stand der Technik lediglich in den Punkten d) und f), deren Gegenstand nach dem Zweckkriterium als nicht technisch gilt. Damit mangelt es ihm insgesamt an der notwendigen Erfindungseigenschaft.

Ski

Im Detail ist der Beschreibung der betroffenen Anmeldung AT505448B1AT505448B1 (Kästle GmbH), „Ski“ (ÖPA, 15. Mai 2009), http://pamt.at/97.

, Seite 3, Zeilen 16–19 Folgendes zu entnehmen:

In bevorzugter Weise sind der Skibelag 5, der Untergurt 6 aus glasfaserverstärktem Kunststoff, der Obergurt 9 aus glasfaserverstärktem Kunststoff und die Deckfolie 11 durchsichtig oder lichtdurchlässig. Damit ist es möglich, den optischen Effekt eines Lochskis herbeizuführen, der jedoch hinsichtlich seiner Fahreigenschaften verbessert ist.

Der Zweck der Merkmale d) und f) (Lichtdurchlässigkeit) ist also einen optischen Effekt zu erzeugen. Dieser Effekt ist zur menschlichen Auffassung bestimmt. Dementsprechend stellt das Oberlandesgericht Wien fest:

Das Merkmal der Lichtdurchlässigkeit [][ist] aber kein technisches, sondern ein ästhetisches Merkmal.

Die Erfindung muss jedoch auf einem technischen Gebiet liegen.

Beispiel Schischaufel mit Material­aussparung

In dem offenkundig ähnlichen Fall 5R29/12i5R29/12i, „Schischaufel mit Materialaussparung“ (OLG Wien, 25. September 2012).

, nicht veröffentlicht, jedoch in 4Ob214/12t4Ob214/12t, „Schischaufel mit Materialaussparung“ (OGH, 15. Jänner 2013), http://pamt.at/zh.

behandelt, geht es ebenfalls um eine besondere Ausgestaltung einer Schischaufel (“Rechtliche Beurteilung”, vorletzter Absatz):

Auch der von der Beklagten behauptete Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zur markenrechtlichen Beurteilung einer durchsichtigen Verpackung (4Ob61-12t) besteht nicht. Dort wurde der Umstand, dass die Verpackung (von Süßigkeiten) durchsichtig war, als nicht technisch bedingt und daher als markenrechtlich schutzfähig beurteilt. Das hat nichts mit der hier erörterten Frage zu tun, ob die Ausgestaltung der Skischaufel nach dem Patent bloß ästhetischen Anforderungen entsprechen soll oder einen technischen Zweck verfolgt (konstruktive Beeinflussung des Fahrverhaltens eines Skiers).

Schlusswort

In diesem Artikel ging es um die Aufzählung der Definitionsversuche des Begriffs Technizität. Dabei wurde auf das Zusammenspiel der verschiedenen Definitionen nicht eingegangen. Das wird im einem anderen Artikel behandelt werden.Bibliografie: http://pamt.at Abkürzungen: http://pamt.at/abk